Weltlepratag 2021

Michel Foucalt
Michel Foucalt. Brazilian National Archives, Public domain, via Wikimedia Commons

Krankheit, Kontrolle, Kirche

Der französische Philosoph Michel Foucault (* 1926 † 1984) gilt als Begründer der Diskursanalyse, die nach dem Zusammenhang zwischen Sprache und Strukturen fragt: Welche Institutionen und welche Machtbeziehungen werden durch sprachliches Handeln geschaffen? Sprache schafft Macht (und macht Macht sichtbar). Damit hat Foucault herkömmliche Begriffe von Herrschaft und Kontrolle erweitert.

Foucault hat sich intensiv mit historischen Infektionskrankheiten beschäftigt. Auch mit der Lepra. Denn Infektionskrankheiten müssen kontrolliert werden. Diese Kontrollversuche stehen bei Foucault für andere Machtbeziehungen. Dieter Schnaas (Wirtschaftswoche, 28.3.2020) fasst Foucaults Modelle unterschiedlicher Regierungsregime knapp zusammen: Es gebe das „Modell Lepra“ (also Separierung, Ausschluss, etwa Leprosorien oder Lepradörfer), das „Modell Pest“ (lückenlose Kontrolle, Verbannung) und das „Modell Pocken“ (internalisierte Disziplin).

Schnaas fragt, was davon für Corona-Zeiten gilt: Wenn von „konsequentem Schutz der Alten“ die Rede ist: Ist dies das „Modell Lepra“? Indem wir die Alten isolieren oder sterben lassen und die Jungen den lockdown vermeiden? Folgt China dem „Modell Pest“, in dem es nur die Alternative zwischen Ansteckung und Bestrafung gibt? In Österreich gibt der Staat die statistischen Informationen vor. Die Einzelnen müssen ihr Verhalten oft selbst ändern – das „Modell Pocken“?

Bei der Bewältigung historischer Pandemien hat die Kirche stets eine Rolle gespielt. Im Fall der spanischen Grippe manchmal mit fragwürdigten Massenprozessionen, etwa in Spanien. Durch religiös motivierte superspreader-Events sind unzählige Menschen gestorben. Dagegen haben große und wichtige Teile der katholischen Kirche bei der Überwindung von Ebola faktenreich kommuniziert und zur Impfung ermutigt. 

COVID-Kranke umarmen?

Tatsächlich werden in vielen Ländern der Erde COVID-Patient*innen stigmatisiert. Müssten wir COVID-Kranke umarmen, so wie es der heilige Franz und viele andere mit Menschen getan haben, die von Lepra betroffen waren?  Besser nicht: Im Mittelalter waren die Übertragungswege weitgehend unbekannt. COVID zu berühren heißt für Kirche heute, sich auf wissenschaftliche Evidenz einzulassen und eigene Bedürfnisse zum Wohl anderer zurückzustecken. Auch wenn Weihnachten deswegen ganz anders gefeiert werden musste und daraus pastorale Konsequenzen zu ziehen sind.

Die nicht endende wohltätige Fürsorge für Menschen, die von Lepra betroffen sind, ist einfacher als deren Reintegration. Dazu stellte Papst Franziskus schon 2016 im Festgottesdienst zum Jubiläum der Kranken fest: „Frömmelnde Fürsorge dient letztlich dazu, Unvollkommenes zu verschleiern, weil es das Glück und die Unbeschwertheit der Privilegierten gefährdet und das herrschende Modell in Schwierigkeiten bringt.“ Damit formuliert der Papst prägnant Menschenrechtsanliegen, die auch von plan:g vertreten werden: Es gilt, Machtbeziehungen – auch unsere eigenen, als Kirche – zu wandeln. Das ist mühsam. Aber Wandlung ist Erlösung. Darum wird sich plan:g, 1958 als Aussätzigen-Hilfswerk Österreich in Bregenz gegründet, 2021 neuerlich wandeln. Sichtbar wird das an der Neubesetzung der Position des Kuratoriumsvorsitzenden: Kein Kleriker, sondern eine Moraltheologin könnte in Zukunft die Stiftung repräsentieren.

Den Wandel gestalten

Mit dem Ausscheiden von Pfr. Edwin Matt aus dem plan:g-Stiftungskuratorium möchte Pfr. Matt mehr Fachlichkeit ermöglichen. Er erklärt die Veränderung und sagt: „Eine neue Rolle des Klerus und Leitung durch Frauen dürfen keine Lippenbekenntnisse bleiben.“ 

Für plan:g bedeutet das: Mehr Fachlichkeit. Außerdem will plan:g Partnerorganisationen aus dem globalen Süden auch institutionell intensiver an den Entscheidungsfindungsprozessen beteiligen. Pfr. Matt hat deshalb die Weiterentwicklung der kirchlichen Stiftung zu einem nach kanonischen Rechts gegründeten Verein vorgeschlagen, in dem führende europäische Fachorganisationen aus dem Gesundheitssektor der Entwicklungszusammenarbeit und auch Partner-Organisationen aus dem globalen Süden institutionelle Mitglieder würden. Gleichfalls gilt es, die Zusammenarbeit der entwicklungspolitischen Organisationen in der Diözese Feldkirch zu fördern.

Mit Ihrer Hilfe hat plan:g viel erreicht. Bleiben Sie uns gewogen: Lassen Sie uns Kirche entwickeln und Gesundheit ansteckend machen.

 

Bitte hängen Sie unsere Poster sichtbar aus.

In vielen Kirchen und Ordinationen hängen fünfmal im Jahr die plan:g-Poster und laden zum Nachdenken über Gesundheit in der Einen Welt ein. Bitte hängen Sie das Poster sichtbar aus. Wenn Sie Zugang zu einem öffentlichen Ort haben, wo unsere Poster Beachtung finden könnten, sprechen Sie uns bitte an.

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