Ady Barkan

Tikkun Olam, die Welt reparieren

 

Ohad „Ady“ Barkan (1983 – 2023) wurde nur 39 Jahre alt und war dennoch ein prominenter Aktivist in den Vereinigten Staaten. Nach Abschluss seines Jurastudiums arbeitete er in New York und unter seiner Ägide wurden zahlreiche Verbesserungen für die Industriearbeiterschaft durchgesetzt. Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall, Mindestlöhne und maximale Arbeitszeiten wurden gesetzlich festgelegt. Obwohl er in seinem Leben ein paar Mal verhaftet wurde, war er eigentlich ein Spezialist für juristische Feinheiten in der Gesetzgebung und verstand sich wie kaum ein anderer auf politischen Diskurs mit Mandatsträger*innen.

 

2016 bekam er die Diagnose ALS (Amyotrophe Lateralsklerose). Diese degenerative Nervenkrankheit ist unheilbar und führt in der Regel nach wenigen Jahren unweigerlich zum Tod. Ady Barkan nutzte seine Krankheit als politische Waffe. Er konfrontierte konservative Politiker*innen, die sich für Steuersenkungen einsetzten provokativ mit den Worten, dass sie ihn töten wollten. Eine Steuersenkung führt naturgegebener Maßen zu Ausgabenkürzungen und damit war das MediCare Programm, zumindest in Teilen, gefährdet. Kostenintensive Maßnahmen wie eine Langzeitbetreuung durch medizinisches Personal waren in Gefahr gestrichen zu werden. Und genau so eine Pflege brauchen ALS Patient*innen, um nicht vorzeitig an Infektionen zu sterben.

 

Paradoxerweise war es sein Umgang mit der Erkrankung, die seine Anliegen immer bekannter werden ließen und mehr und mehr Menschen auf ihn aufmerksam wurden. In seinen eigenen Worten beschreibt er es sinngemäß so:

„ALS hat meine Stimme leiser werden lassen, doch mehr Menschen verstanden die Botschaft. Ich kann nicht mehr laufen, aber mehr und mehr Menschen sind in meine Fußstapfen getreten.“

Er wollte künftigen Generationen eine bessere Welt hinterlassen, eine Welt, in der Gesundheitsversorgung als Menschenrecht anerkannt wird.

 

Trotz seines kurzen Lebens hatte er den Diskurs über Arbeitnehmer*innenrechte angestoßen und sich der Reform von mächtigen Institutionen verschrieben. „Fed up“ – wörtlich übersetzt mit „Schnauze voll“ – war eine Kampagne, die das FED (Federal Reserve; Amerikanische Bundesbank) dazu bewegen sollte, die Lage der Arbeiter*innen, unter Ihnen viele Latinos und Afroamerikaner*innen, stärker in den Fokus zu nehmen als zuvor. Viele waren skeptisch, was die Aussichten auf Erfolg betraf. Das Thema sei zu komplex, um damit Unterstützung von vielen Seiten insbesondere der am stärksten Betroffenen zu bekommen. Institutionen sind Bollwerke, die sich gegen jede Änderung resistent erweisen, so meinten viele. Letztlich sprach sogar die damalige Chefin, Janet Yellen, mit Ady Barkan. Mittlerweile ist das FED inklusiver geworden und hat seine Kernforderungen aufgenommen. Von diesen Veränderungen haben Millionen Arbeiter*innen profitiert.

 

Es braucht Menschen, die wissen wie politische Anwaltschaft funktioniert und die juristische Feinheiten in der Gesetzgebung formulieren können. Es braucht aber auch Menschen, die mit unterschiedlichen sozialen Schichten eine gemeinsame Sprache sprechen können. Ady Barkan war überzeugt davon, dass allen Menschen auf die eine oder andere Weise rationale Gedanken zugänglich sind. Andererseits argumentierte er unerbittlich und scheute keine Auseinandersetzung. Dem Republikaner Jeff Flake, den er zufälligerweise im Flugzeug traf, bot er an, ein Held zu werden und gegen die Steuersenkungen zu stimmen. Dies verschaffte ihm Respekt – nicht nur aus eigenen Reihen.

 

Adys bestimmendes Merkmal war seine Überzeugung, dass Veränderung möglich ist. Auch im Angesicht seines eigenen Todes. Das ist sein Vermächtnis und gleichzeitig ein Appell an uns.

Tikkun Olam – wir können die Welt reparieren.

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